Featured

Dagmar Schuldt: Archäologie der Gedanken
Von der Kunst des Sichtbaren und Unsichtbaren


Vorschau 10. September 2025 – 31. Mai 2026

Orientierung

1 | Karmeliter  
2 | Waldfried
3 | Gundweg
4 | Schäferstein
5 | Tiroler Schneise      
6 | Paul Gerhard
7 | Hügelgrab

Das genreübergreifende Projekt „Archäologie der Gedanken“ verbindet das Archäologische Museum Frankfurt mit dem südwestlichen Stadtraum, konkreten Stellen, Orten und Gebieten in Niederrad und dem Stadtwald. Die Umgebung von Frankfurt wird seit Jahrtausenden von Menschen unterschiedlicher Herkunft und Kulturen durchquert und besiedelt. Es entstanden Handelsrouten, Pilgerwege, Verkehrs- und Kommunikationsknotenpunkte, die die Stadt und ihre Geschichte bis heute prägen und einen Austausch von Gedanken ermöglicht haben. Der Begriff „Gedanke“ wird von der Künstlerin als sich verzweigendes Wegenetz definiert. Damit wird „Geschichte“ von ihr als Landschaft wahrgenommen.

Die in Hamburg lebende Künstlerin Dagmar Schuldt untersucht in ihren Werken die Konstruktion und Wirkung unserer Wahrnehmung von Geschichte. Seit vielen Jahren beschäftigt sie sich mit Phänomenen der Erinnerungskultur, mit Fragen zur Geschichte und Archäologie sowie mit der Spurensuche und -sammlung. Aus welchen Fragmenten der Wahrnehmung ist unsere Erzählung von Geschichte entstanden? Wie wird unsere Erinnerung die Zukunft prägen? In ihrer Arbeit findet dabei nicht nur das Bewahrte und Offensichtliche einen Platz, sondern insbesondere das, was wir nicht mehr sehen können, wahrnehmen oder erinnern.

In der Ausstellung komprimiert die Künstlerin städtische und landschaftliche Orte und macht sie als Wege- und Gedankennetz partizipativ erfahrbar. Im Foyer und Eingangsbereich befinden sich Stempelpunkte. Sieben, von der Künstlerin ausgewählte Geopunkte in Niederrad und dem Stadtwald, markieren historische Verweise in Form von Stelen, unter deren Deckeln sich Stempel befinden. Besucher erhalten im Museum eine Kunstlandkarte. Wie bei einer Wanderung oder einem Pilgerweg können sie mit dieser Karte die Orte in Verbindung setzen und so ihre imaginäre Route festlegen. Jedem Geopunkt ist ein eigenes, bezugnehmendes Stempelmotiv zugeordnet. Das Publikum hat die Möglichkeit, Stempelabdrücke auf der Karte zu hinterlassen und diese später als Kunstwerk, Andenken oder Vorlage für eine analoge Wanderung mitzunehmen.

2025 dagmar schuldt karte frankfurt2.2 
Dagmar Schuldt, „Karte Frankfurt 2.2.“, 2024
Papier, Schellack, Tuschen, Graphit, 21 x 29,7 siebenmal gefaltet.
Foto: Dagmar Schuldt
Courtesy: Claus Friede Contemporary Arts

In „Kartografie eines Zwischenraums“ zeigt Dagmar Schuldt eigene, sowie überarbeitete historische Karten. In immer wieder übermalten Farb- und Materialschichten zeichnet sich ab, was man nicht mehr sieht: Alte und neue Wegenetze überlagern sich, der Blick kommt aus der Vogelperspektive und wandert in die Tiefe der Geschichte und ihren Schichtungen.

 
Dagmar Schuldt, Erinnerungsmosaik, 2021
Bemalte Fliesenfragmente zum Mosaik gelegt (Detail), 56 x 65 x 700 cm, Museum für Hamburgische Geschichte.
Foto: Sina Schuldt
Courtesy: Claus Friede Contemporary Arts
 

Im ehemaligen Chorraum legt die Künstlerin Scherben zu einem „Gedankengang“ aus: ein sieben Meter langes Mosaik aus historischen Fliesenfragmenten mit Zeichnungen in blauer Glasurfarbe. Die Fliesenfragmente stammen von im Zweiten Weltkrieg zerstörten Häusern. Jede deutsche Stadt hat entweder Trümmerberge oder Ablageorte von Kriegsschutt, die nach dem Zweiten Weltkrieg angelegt wurden. Die Teilzerstörung des Karmeliterklosters bildet hier eine inhaltliche Brücke. Die Zeichnungen von Dagmar Schuldt sind Teil ihrer eigenen Erinnerungen sowie Fragmente aus der kollektiven Geschichte.

In der Videoarbeit „Schicht – Um Schicht – Umschichten“ werden die zum „Gedankengang“ ausgelegten Fliesenfragmente in unterschiedlichen örtlichen Bezügen gezeigt, unter anderem in der Sammlung des Museums für Hamburgische Geschichte und am Strand von Jork, wo Kriegsschuttreste über mehrere Kilometer entlang der Elbe abgeladen wurden. Die Fliesenfragmente mit den eingebrannten Zeichnungen von Dagmar Schuldt werden für einige Stunden entlang der Wasserlinie ausgelegt und gefilmt. Im Film überlagern sich Erlerntes, Erinnertes, Assoziiertes und Vergessenes schichtweise – ein Bild für die Geschichte, die sich stets neu kontextualisiert und so zur kontinuierlichen Veränderung unseres Gedächtnisses beiträgt.

stempel

Die Wege durch Zeiten und Punkte in Niederrad und im Stadtwald sind unter den oben mit Nummern und Verortungen versehenen Karte verlinkt. 
Auch außerhalb des Museums sind Inspirationen und Informationen zu den Geopunkten abrufbar und laden zu einer analogen Wanderung oder zu einem persönlichen Gedankengang ein.


In Kooperation mit 

Claus Friede * Contemporary Arts

Stadt Frankfurt am Main, Dezernat Kultur und Wissenschaft


 

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.