Aus dem „stillen Kämmerlein“

Inventarisierungsarbeiten am Archäologischen Museum

In zweijährigem Rhythmus werden vom Denkmalamt der Stadt Frankfurt die bei den Grabungen im Stadtgebiet geborgenen Funde an das Archäologische Museum übergeben, zu dessen Kernaufgaben deren Bewahrung gehört. Um diese Funde für weitergehende wissenschaftliche Bearbeitungen leichter zugänglich zu machen, müssen diese am Haus inventarisiert, das heißt beschrieben, bestimmt, datiert und in einer Datenbank erfasst werden.

Inzwischen wurden in langwieriger Kleinarbeit „im stillen Kämmerlein“ die zahlreichen mittelalterlichen bis neuzeitlichen Funde der Lieferung von 2013 komplett inventarisiert. Dabei handelte es sich fast ausschließlich um die Inhalte von diversen Latrinen, die neben ihrem eigentlichen Zweck auch zur Entsorgung von allerlei Abfall dienten. Dieser bestand in der Hauptsache aus zerscherbtem Geschirr. Da die Latrinen immer wieder geleert werden mussten, blieben naturgemäß bei bereits im späten Mittelalter gebauten Anlagen nur wenige Scherben aus dieser Zeitstellung erhalten. Der Großteil der Scherben entfiel auf Gefäße der frühen Neuzeit bis hinein ins 20. Jahrhundert und bestand aus glasierten und unglasierten irdenen Töpfen, darunter auch die für die damalige Zeit obligatorischen Nachttöpfe, Siegburger und Westerwälder Steinzeug, rein weiße oder bemalte Fayencen sowie Porzellan.

Entsorgt wurden aber auch zerbrochene Trinkgläser, wie die seit dem der frühen Neuzeit beliebten „Römer“ mit ihrem Besatz aus Beerennuppen, oder durchgelaufene Schuhe. Einige Gegenstände, wie Geldstücke oder Murmeln, sind wohl eher durch ein Missgeschick in der Latrine gelandet. Zu den besonderen Fundstücken gehört hier sicher eine Gedenkmünze der „schwedischen Nachtigall“ Jenny Lind, die Mitte des 19. Jahrhunderts eine berühmte Schönheit war und als Sängerin Weltruhm erlangte.

Einen besonders großen Komplex stellten die Funde aus der bereits 1989 ausgegrabenen Kloake im Hof des Anwesens der Familie Wyss von Limpurg dar. Allein die daraus geborgene Keramik füllt mehrere Regale des Magazins. Sie wurde jetzt detailliert erfasst und in die Datenbank eingegeben.
Inventarisiert wurden aber auch die auf dem Uni-Campus Westend im Zuge von Neubauten zutage getretene Funde vom sogenannten Affenstein. Dort befand sich die von Psychiater und Struwwelpeter-Autor Heinrich Hoffmann in den 1860er-Jahren gebaute und für die damalige Zeit sehr fortschrittliche „Irrenanstalt“ der Stadt, von der noch Bügelschlösser mit dieser Aufschrift, Geschirr und medizinisches Kleingerät zeugen.

Geborgen wurden aber auch Funde aus der Zeit, als das heute als Universitätsgebäude genutzte I.G.-Farben-Haus/Pölzigbau noch Europa-Hauptquartier der amerikanischen Streitkräfte war.

In der Datenbank erfasst wurde außerdem das bedeutende Inventar der in Frankfurt-Harheim entdeckten merowingerzeitlichen Gräber, von dem Teile bereits 2010 im Rahmen der Sonderausstellung „Die Gründer von Frankfurt-Harheim. Eine Vorschau auf die neuen frühmittelalterlichen Grabfunde der Frankfurter Bodendenkmalpflege“ des Archäologischen Museums der Öffentlichkeit präsentiert wurden. Diese Funde sowie die menschlichen Skelette werden aktuell wissenschaftlich bearbeitet.

Petra Hanauska und Thorsten Sonnemann

© Fotos: AMF


Typisches Fundgut spätmittelalterlicher bis frühneuzeitlicher Latrinen.
© AMF

 

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