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KELTEN in Hessen?

15.06. – 30.10.2022

In den antiken Schriftquellen gibt es keinerlei direkte Hinweise darauf, dass die Menschen, die vor der römischen Besetzung in Hessen lebten, von ihren Zeit-genossen Kelten, Gallier oder Galater genannt wurden oder gar sich selber so bezeichneten. Bei diesen Bezeichnungen handelt es sich um ethnographische Ordnungs- und Sammelbegriffe für verschiedene Stämme oder Völkerschaften beziehungsweise für geographische Räume (Keltiké, Gallia, Galatia), die im antiken Mittelmeerraum seit dem 5. Jahrhundert v. Chr. über Jahrhunderte hinweg mit von einander abweichender und sich wandelnder Bedeutung verwendet wurden.

Als Rom seine Herrschaft in den letzten Jahrzehnten vor Christi Geburt bis an den Rhein ausdehnte, berichten die antiken Autoren nicht von Kelten, Galliern oder Galatern, sondern vielmehr von Ubiern und Sueben, die jenseits des Rheins leben. Mitte des ersten Jahrhunderts v. Chr. beschrieb der römische Politiker und Feldherr Caus Iulius Caesar den Rhein als Grenze zwischen Galliern und Germanen.

Als erste namentlich bekannte Bevölkerung im Gebiet des heutigen Landes Hessen werden in den ältesten römischen Quellen, die sich auf Ereignisse aus der Zeit der Germanenkriege der römischen Kaiser Augustus (27 v. Chr. – 14 n. Chr.) und Tiberius (14 – 37 n. Chr.) beziehen, die Chatten genannt. Diese werden von den antiken Autoren zu den Germanen gezählt. Dementsprechend wurden die »germanischen« Chatten von der neueren Geschichtsschreibung lange Zeit als die ältesten Bewohner Hessens angesehen. Chatten wurden anfangs der archäologischen Forschung in Hessen sogar mit Grabfunden der spätkupferzeitlichen »Schnurkeramik-Kultur« in Verbindung gebracht, von denen man heute weiß, dass sie fast 5000 Jahre alt sind.

Dass heutige Archäologinnen und Archäologen die einstigen Bewohner der Ringwälle im Vordertaunus, die Salzsieder in der eisenzeitlichen Saline von Bad Nauheim oder die Menschen, die vor mehr als 2000 Jahren ihre Toten bei-spielsweise am Glauberg, im Frankfurter Stadtwald, auf dem Ebel in Praunheim, der »Schwedenschanze« in Fechenheim, in Eschersheim oder Bockenheim be- statteten, als Kelten bezeichnen, beruht darauf, dass archäologische Funde aus der zweiten Hälfte des 1. Jahrtausends v. Chr. in den südlichen Teilen Hessens der sogenannten Latène-Kultur zuzuweisen sind. Diese ist in weiten Teilen Mitteleuropas verbreitet, stellt sich aber keineswegs einheitlich dar, sondern ist eine archäologische Sammelbezeichnung für bei genauerer Betrachtung durchaus unterschiedliche regionale Gruppen. Im Süden grenzt sie seit dem ausgehenden 5. Jahrhundert v. Chr. an Kulturen des Mittelmeerraumes wie Ligurer, Veneter, Umbrer oder Etrusker. Im Norden erstreckte sich ihre Verbreitung in Deutschland bis nach Rheinland-Pfalz, das südliche Hessen und südliche Thüringen.

Die Begriffe Latène-Kultur, Latène-Zeit oder Latène-Periode für den jüngeren Abschnitt der vorrömischen Eisenzeit gehen auf den Fundort La Tène am Neuenburger See in der Westschweiz zurück. In ganz ähnlicher Weise werden seit dem 19. Jahrhundert für Kulturgruppen der älteren vorrömischen Eisenzeit (8. Jahrhundert v. Chr. bis Anfang 5. Jahrhundert v. Chr) die Bezeichnungen Hallstattkultur und Hallstattzeit in Anlehnung an das  berühmte Gräberfeld beim prähistorischen Salzbergwerk von Hallstatt im oberösterreichischen Salz-kammergut verwendet.

Für die eisenzeitliche Kulturentwicklung nördlich der Alpen ist die Ausstrahlung der zivilisatorischen Prozesse, die in Mittel- und Norditalien im ersten Viertel des 1. Jahrtausends v. Chr. einsetzen, von besonderer Bedeutung. Sie erweitern das Blickfeld und den Aktionsradius der antiken Hochkulturen der Mittelmeer-welt im Laufe mehrerer Jahrhunderte nach Westen und Norden. Die Bevölke-rung Mitteleuropas zeigt sich ihrerseits im Rahmen wechselseitiger Kontakte aufnahmebereit für Neuerungen in Technologie und Landwirtschaft sowie für kulturellen und gesellschaftlichen Wandel.

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