Mittelalterliche Flötentöne

Mittelalter-Archäologie

Eine Flöte aus dem 13./14. Jahrhundert wurde bei den Aushubarbeiten für den Neubau des Historischen Museums am „Saalhof“ geborgen. Hergestellt wurde sie aus einen ausgehöhlten Vogelknochen.

Musikinstrumente sind grundsätzlich selten archäologisch nachgewiesen. Dies liegt auch daran, dass sie häufig aus organischem Material gefertigt sind und daher schlechte Erhaltungschancen haben.

Zu den ältesten bekannten Musikinstrumenten gehören Flöten – in Mitteleuropa sind Flöten aus Knochen bereits aus der Altsteinzeit bekannt.
Obwohl diese Flöten einfach herzustellen sind und das Knochenmaterial auch vergleichsweise haltbar ist, sind kaum Nachweise für die Vorgeschichte und die Römerzeit bekannt.


Für das Mittelalter sind Knochenflöten in deutlich größerer Zahl nachgewiesen, allerdings fehlen bisher jegliche Nachweise für Musikinstrumente im archäologischen Fundspektrum Frankfurts. Es ist daher sehr erfreulich, dass diese Lücke durch den Fund einer Knochenflöte gefüllt werden kann.
Im Frühjahr 2015 fand Denis Neumann (Denkmalamt Frankfurt) bei Aushubarbeiten für den Neubau des Historischen Museums einen 4,3 cm langen Knochen. Es handelt sich um einen ausgehöhlten Vogelknochen mit einem leicht ovalen Durchmesser von rund 1 cm.
Ohne Zweifel ist es der Teil einer Flöte. Das Fundstück zeigt mittig eine Luftaustrittsspalte, den sog. Aufschnitt. Am unteren Ende ist der Aufschnitt abgeschrägt, es handelt sich um das Labium, das Einfluss auf die Qualität des Tons hat.
Der Knochen ist an beiden Enden sorgfältig bearbeitet, so dass es sich um eine Art Mundstück handeln könnte, dass auf ein weiteres Knochenstück mit Grifflöchern oder ein Stück aus einem gänzlich anderen Material aufgeschoben werden konnte.


Die Mehrzahl der mittelalterlichen Knochenflöten ist aus Schaf- oder Ziegenknochen gefertigt, demgegenüber ist das vorliegende Fundstück aus einem Vogelknochen gearbeitet. Denkbar wäre etwa Schwanen- oder Gänseknochen, wohingegen Hühnerknochen zu klein sind.
Formal handelt es sich bei den Knochenflöten um Kernspaltflöten oder Blockflöten, der Luftstrom muss hierbei am Aufschnitt und Labium geteilt werden. Dazu kann in den oberen Teil des Knochens ein Holzpflock eingesetzt werden, denkbar ist auch Wachs oder Harz sowie Pech. Im vorliegenden Fall ist, wie bei fast allen archäologischen Fundstücken, das eingesetzte Material nicht nachweisbar.
Diese Konstruktion ist jedoch Voraussetzung für die Funktion der Flöten. Gleichwohl ist in jedem Fall mit einem nur begrenzten Musikgenuss zu rechnen, da diese Flöten aufgrund der unregelmäßigen Knochenstruktur kaum melodisch gestimmt werden können.


Aufgrund der Fundlage und der Beifunde kann die Flöte in das 13./14. Jahrhundert datiert werden. Bemerkenswert ist der Fundort am „Saalhof“ , einem stadtgeschichtlich bedeutsamen Ort und Sitz des Stadtschultheißen. In der Tat sind Flötenfunde häufig mit Herrschaftssitzen im weiteren Sinn, zum Beispiel Burgen, verbunden. Damit kommt einem solchen Fundstück und der damit verbundenen Musikdarbietung auch ein gesellschaftlicher Aspekt zu.
Wer mit den Flötentönen erfreut werden sollte, und wie die Melodien klangen, ist leider nicht bekannt.

 

Andrea Hampel


 

 

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Die Flöte aus Vogelknochen stammt aus dem 13./14. Jahnrhundert (© D. Neumann, Denkmalamt Frankfurt)

 

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